Leider ist man selbst in Faschingshaßhochburgen wie Berlin oder Hamburg nicht davor gefeit, als Kind in den ein oder anderen Fasching zu geraten; aber sowie man gelernt hat, selbstständig zu denken, erkennt man die Lächerlichkeit hinter der einmal im Jahre befohlenen Fröhlichkeit, und bleibt einfach zu Hause, wenn Ernie der Heidi bei der Polonese an die Schulter faßt, obwohl er lieber ihre Titten gegriffen hätte, weil sich das auch viel besser reimt.
Deswegen habe ich dann auch leider nicht so viele Faschingsanekdoten parat, und die, in der ich als Adolf Hitler verkleidet in der Schule auftauchte, woraufhin mir die Lehrerin rasch ein Geisterkostüm zauberte, unter der ich meine hart erarbeitete Hakenkreuzuniform verstecken sollte, erzähle ich heute lieber nicht.
Stattdessen fällt mir aber das hier ein:
Als ich zur Grundschule ging, wütete gerade der Vietnamkrieg, war dementsprechend auch ständig in den Medien und in aller Munde. Deswegen entschied sich die Lehrerin meiner Parallelklasse dazu, gemeinsam mit ihren Schülern auszudiskutieren, ob man denn überhaupt Fasching feiern sollte, weil es ja parallel für viele Kinder eine schreckliche Zeit sei (meine Lehrerin war übrigens noch vom alten Schlag jenseits von pc-Überlegungen und meinte einfach: "Was haben meine Kinder mit dem Krieg zu tun, wir feiern!").
Naja, diese Diskussion entzweite die Klasse ein wenig, und während viele die Notwendigkeit einer Feier plötzlich nicht mehr gegeben sahen und sich lieber unverkleidet treffen wollten (Mädchen), beharrte die andere Fraktion auf ihren schon seit geraumer Zeit zusammengestellten Kostümen (Jungen). Größter Fürsprecher der Verkleidungsfraktion war im Übrigen Klassenrowdy Umut, den wir schon gut von den Große-Pause-Rangeleien um den Fußballplatz kannten.
Fazit des Ganzen: Wer sich verkleiden wollte, durfte das tun, Zwang dazu bestand nicht. Einzige Bedingung: Die traditionell martialischen Jungsverkleidungen "Cowboy und Indianer" sollten möglichst gemieden werden. Was für ein Glück für Umut, der schon weitergedacht hatte und zur Feier als Soldat im Flecktarn und mit MG erschien.
Wie Jetzt? Wo hier die Pointe ist? Ach so: Umut wurde 1997 während des Oderhochwassers beim Versuch, den Fernseher aus seinem überfluteten Haus zu retten, von einem Bundeswehrsoldaten erschossen. Der dachte, Umut wäre ein Plünderer, denn wie viele Deutsche kanakischer Abstammung haben in Brandenburg schon ein Haus...?
Aber daß Karneval meistens doch voll knorke ist, zeigt u.a. der lustigste Mensch Deutschlands, Bernd Stelter: