9.8.10

Anstrengend

"Ist der Film gut?"
Okay, die Dame ist Neukundin, kennt mich nicht und fragt mich trotzdem, wie ein Film ist. Ich mustere sie kurz und erkenne, daß das "jeder hat möglicherweise einen anderen Filmgeschmack"-Argument bei ihr nicht ziehen wird. Also dann mal los:
"Alice im Wunderland? Da muß ich ein wenig ausholen, da finde ich nämlich das Buch schon grottenschlecht."
"Aber das ist doch ein berühmtes Kinderbuch?!"
Oh, boy! Eine von denen.
"Na und? Das ganze Buch besteht daraus, daß ein Mädchen von einer haarsträubenden Situation zur nächsten gejagt wird. Da trifft sie dann 100.000 ulkige Typen die Dünnschiß labern, weil das wohl Carrolls Vorstellung von Handlung entspricht, was es allerdings nicht ist. Dem Mann fehlte jegliches Talent, Geschichten zu erzählen."
"Und der Film?"
"Der Film ist noch ein wenig schlechter."
"Oh nein! Dann suche ich mir was anderes aus."
5 Minuten später steht sie wieder vor mir und hält mir irgendeinen Slasher vor die Nase.
"Haben Sie so was nur in nicht so brutal?"
"Was? Horrorfilme?"
"Nein, Filme die Preise gewonnen haben."
Sie deutet auf den Aufdruck auf dem Cover, wonach der irgendeinen Preis gewonnen hat.
"Preise?"
"Ja, die Filme sind nämlich immer gut. Wo stehen die?"
"Filme die Preise gewonnen haben stehen hier überall. Aber seit wann ist das denn ein Qualitätsmerkmal?"
"Jeder Film den ich bisher gesehen habe, der Preise gewonnen hat, war gut."
"Aber es gibt doch so viele Preise, und nicht jeder davon ist dann auch gut..."
"Doch. Ah da seh ich ja einen."
Sie greift sich "Mein Halbes Leben".
"Ja. Der hat sogar viele Preise gewonnen. Den nehm ich."
"Was denn für Preise?"
"Bester Dokumentarfilm...was?...das soll gut sein...?"
Angewidert stellt sie den Film zurück ins Regal und ich versichere ihr anschließend, daß "The Informant" & "An Education" zwei Wahnsinnsfilme sind - auch wenn ich nur einen davon gesehen habe. Hätte ich ihr einfach gesagt, daß Alice gut ist, wäre ich drei Jahre jünger geblieben.
Aber manchmal ist es das einfach wert.

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