Ende November, es war trist und grau draußen, erreichte uns in der Home-Of-The-Weird-Zentrale ein Brief. Das alleine ist noch nichts Erstaunliches, schließlich bringt uns der Postbote täglich Fanpost von holden Frauenzimmerchen. Doch dieser Brief kam von sehr weit her, aus Tibet:
„Lieber Chef, lieber Dirt,
seid gegrüßt Ihr Zwei! Ich habe den Undercovermantel
mittlerweile an den Nagel gehängt, lebe seit einem halben Jahr als Mönch in
Tibet und versuche dort, meinen spirituellen Weg zu mir selbst zu finden. Habt
Ihr auch von diesem furchtbaren Brand in einer Textilfabrik in Bangladesch
gehört? Ich war erschüttert, als ich von den Bedingungen erfuhr, unter denen
die Frauen dort 13 Stunden am Tag für gerade mal 40€ im Monat arbeiten. Wir
müssen diesen Näherinnen eine Freude bereiten! Es ist doch bald Weihnachten,
lasst Euch doch was Schönes einfallen!
Herzlichst,
Euer Brian Fantana“
Uns fiel es wie Schuppen von den Augen, denn von Brians Tibet-Aufenthalt
wussten wir nichts. War er im Auftrag der chinesischen Regierung auf einer
Undercovermission, um einen Anschlag auf den Dalai Lama zu verüben? Und
freilich konnte er uns in einem leicht abzufangenden Brief ja nicht von seiner
Agentenschaft erzählen. Oder war er wirklich schwul geworden? Wie auch immer,
die Brandkatastrophe in Bangladesch rührte auch uns sehr, also nahmen wir all
das Geld, das wir dieses Jahr mit Werbeeinnahmen einfuhren, und kauften ganze 200
Gänse, die wir eigenhändig ausnahmen und mit einer köstlichen Spezialität
füllten. Anschließend ließen wir sie tiefgefroren nach Bangladesch fliegen, wo
Brian sie höchstpersönlich in Empfang nahm und mit den Arbeiterinnen der Textilfabrik
ein großes Fest feierte. Pünktlich erreichte Alfons und mich per Eilpost heute
dieser Brief von Brian Fantana direkt aus Bangladesch:
„Meine lieben zwei Engel,
vom 17. bis zum 23. Dezember wird hier gefeiert. Die Kirche
von Bangladesch arbeitet in verschiedenen Projekten in Dhaka. Jedes Projekt
organisiert ein eigenes Fest und lädt alle anderen dazu ein. Das Krankenhaus, Schule
und Volksschule, das Entwicklungsprogramm und das Rote Kreuz, das sich seit dem
großen Brand der Kollegschaft besagter Textilfabrik annahm. Jeden Tag gibt es
ein Fest. Spiele fanden statt, an denen sich alle den ganzen Vormittag lang
beteiligen. Danach aßen alle gemeinsam. Auf den Tisch kamen bengalische
Spezialitäten und natürlich Eure herzhaften gefüllten Weihnachtsgänse. Jeder
Näherin sah man die Wonne an, die die Gänse in ihren Gaumen hervorkitzelte,
selten bietet sich ihnen die Gelegenheit für so exotisches Essen.
Nach dem Tafeln sahen wir bengalische Tänze. Wir sangen und machten Musik. Der
kulturelle Teil ging über den ganzen Nachmittag. Gesänge, Kerzen, Chöre,
Blumen, große Freude. Mit Weihrauch und bengalischen Liedern. Zusammengehörigkeit
und Hoffnung waren in allen Gesichtern zu sehen.
Mit strahlendem Herzen seid gegrüßt,
Euer Brian“
Dieser Brief an Heiligabend kam genau zur rechten Zeit.
Schließlich hatten Alfons und ich ein eher schwaches Jahr. Umso mehr freut es uns, dass wir wieder ein paar Menschen, denen es nicht so gut geht wie uns, eine Freude
bereiten konnten. Und dabei hatten wir
erst noch Bedenken, als wir wegen des somalischen Bürgerkrieges bei der hiesigen korrupten Übergangsregierung anfragten und die Gänse schließlich mit den Herzen ausgehöhlter Negerkinder füllten.